Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beiträge zu Spielrunden aus dem ersten Trimester 2015

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Stefanie
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Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von Stefanie »

Untertitel

Der Aufstieg und Fall des Tommy Blank
http://www.tommyblank.de/

Der Tatort

Es war tief in einer trüben Hamburger Nacht, als die HanseSec sich langsam vorarbeitete durch die etwas verramschten Kellergelasse in einem schäbigen Vorort. Die ersten Anrufe über Ruhestörungen hatten sie noch geflissentlich ignoriert, der Status des Quartiers war die Mühe nicht wert. Aber die Schüsse und schließlich der panische Anruf einer Entkommenen hatte die örtliche Polizei aufgerüttelt.

Der Eingang war mit einer massiven Kette versperrt. Direkt dahinter im provisorischen Club lagen die ersten Leichen, darunter die von Timmy Jäger. Die Finger noch in die Notfallklinke gekrallt, war er von hinten mit einer Salve erschossen worden. Groß war der Raum eh nicht. Irgendwer hatte mal zwei Kellergelasse zusammen gehämmert, wodurch ein geräumiger, wenig genutzter Nachtclub mit kleiner Empore für Beleuchtung und Technik entstanden war. Rechts die Bar war völlig zersiebt. Wer auch immer dahinter Schutz gesucht hatte, einem automatischen Feuer hatte die hölzern zusammen gezimmerte Barriere nicht stand gehalten. Der Boden war übersäht von Leichen. Meist erschossen, einige, wie der erst später identifizierte Zwerg Noish-Pa waren zudem verbrannt worden. Ob post mortem, würde wohl erst die Obduktion zeigen. Rechts von der Bühne lag ein Teil der Band, angeleuchtet vom immer noch glimmenden Scheinwerferlicht hatten sie keine Chance auf Flucht gehabt. Direkt am Hinterausgang fanden die HanseSec-Forensiker einen ziemlich zerstückelten Haufen von Fleischteilen. Es war der Lead Gitarrist Sting, eigentlich Thomas Christensen, die Arme gelegt um Beate Hinkel und Sophie Thorsson. Von hinten mit Sturmgewehren zersiebt, waren sie von vorne noch von Shotgun-Feuer zerfetzt worden; und das kurz vor dem Ausgang. Als letzte fanden sie erst in den Morgenstunden Julia. Sie lag in einem kleinen Kellerloch, der als Kühlkammer für die Bierfässer diente. Die Einschüsse zeigten, dass sie noch bis zuletzt Gegenwehr gegeben hatte. Von den unbekannten Attentätern keine Spur. Vielleicht ja konnte Anne Marinin später, viel später, Aufklärung geben. Sie war als einzige diesem Massaker entkommen und lag nun schwer verletzt im Krankenhaus.
Zuletzt geändert von Stefanie am 09.03.2015, 17:16, insgesamt 2-mal geändert.
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Stefanie
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von Stefanie »

Die Vorgeschichte - ein Privat Gig mit Tommy Blank

Tommy Blank war in Hamburg. Der berühmte Hiphopper mit seinen sozialkritischen Texten würde in zwei Tagen ein großes Konzert geben. Doch heute fand ein spezieller Event statt. Tommy hatte eingeladen zu einem privaten Konzert, ganz privat. Nur 50 Leute, handverlesen. Er würde den Abend heute alleine bestreiten, begleitet nur von einer Gastband aus lokalen mehr oder weniger bekannten, aber guten Musikern. So hatte der Ruf auch Sting ereilt. Er war eigentlich der Leadgitarrist in der Hamburger Rockband „Black Rose“. Aber einmal mit dem famous Tommy spielen, wer würde da schon nein sagen.

Schon früh drängelten sich die Feierlustigen vorbei am grimmig dreinblickenden, orkischen Türsteher, dem die langen Haare nicht ganz zum guten Anzug passten. Die dicke, ostentativ präsentierte Wumme mit dem nackten Frauenkörper auf dem Pistolenlauf machte guten Eindruck. Tommy schlenderte gut gelaunt durch den kleinen Kellerclub, begrüßte hier einen Gast, witzelte dort mit Anne Marinin, die heute an der Theke aushalf. Freibier für alle, das stellte die Barcrew vor eine Herausforderung. Es waren so einige Gäste da, wie auch Beate Hinkel mit ihrer Freundin Sophie Thorsson oder Timmy Jäger. Irgendwo schwirrte Julia herum. Auch Zwerge waren da, wie Noish-Pa. Die Leute schienen von überall her zu kommen. Neben gut gekleideten auch einige Squatter. Wobei nach einer Weile klar wurde, dass da wer mit Fashion und Makeover Zaubern um sich warf, denn das Ambiente wurde allmählich gediegener.

Später kam die Band auf die Bühne zur Probe. Es war eine gute Stimmung, und so lachten und alberten sie. Sie jammten eine ganze Zeit. Tommy ließ hier auf sich warten, was der Laune aber keinen Abbruch tat. Später tauchte er neben der Bühne im winzigen Backstage-Bereich neben dem Hinterausgang auf. Er schien jemanden zu suchen und war ungehalten, wie er mit dem riesigen Türsteher tuschelte. Julia hub an zu „Tommy! Tommy!“-Rufen, die von der ausgesuchten Menge begeistert aufgenommen wurden.

Mit ziemlicher Verspätung kam Tommy Blank auf die Bühne und winkte dem Publikum zu. Schick sah er aus in seinem cremefarbenen Anzug und dem passenden Hut. Die Band mit Sting stimmte sich auf ihn ein – und ab ging die Post. Die erste halbe Stunde war im Flow. Die Stimmung war super, die Lightshow war exzellent. Aber irgendwas… irgendwas war komisch. Diese Lichtstrahlen. Strahlen von vielerlei Farben, die wie suchend über die Menschenmasse wanderten. Sting sah mit offenem Mund von der etwas erhöhten Bühne aus, wie ein Lichtstrahl einen lachenden Gast fokussierte. Dann sackte dieser zusammen, und feiner Blutnebel blieb im Lichtgewaber hängen. Und es waren mehr Lichtstrahlen.

Sting schaute erschrocken zu Tommy, der, tief im Rap versunken, nichts mitbekommen hatte. Er stieß den Hiphopper zur Seite, hinter einen schützenden Turm der PA. Der Rest der Band setzte nun auch aus. Nur der elektronische Grundbeat blieb bestehen. Dafür wurden nun Schüsse hörbar. Der Türsteher, nun nah an der Bühne, hob seine schwere Pistole und schoss zweimal in die Galerie, zwei Lichtstrahlen setzten aus. Nun drangen die Attentäter in den Raum, vom Vorder- und vom Hintereingang sowie von oben aus der Balustrade. Mit Entsetzen sahen Anne und Julia, dass diese Schwarzvermummten mit Sturmgewehren und ebenso schweren Pistolen bewaffnet waren. Die beiden Mädels brachten sich hinter der provisorischen Theke in Deckung. Timmy versuchte es mit einem Notruf, aber die Leitungen wurden gejammt. Beate wurde angeschossen, aber von Sophie weitergezerrt. Sie versuchten ihr Glück unter der Bühne. Dort im Kabelsalat waren sie erst einmal in Sicherheit.

Noish-Pa hatte nicht so viel Glück. Der kleine Zwerg wurde vom Panikmob unter die Räder genommen. Schüsse fielen, und Körper fielen schwer auf ihn drauf. Als er sich hervor gearbeitet hatte, stand er einem einzelnen Angreifer gegenüber, der seine Waffe gerade wegsteckte und mit der Hand auf ihn zeigte. Gleich einem Flammenwerfer fraß das Feuer sich rasch durch seinen Bart, und er fiel wieder zwischen die noch Schreienden und die schon Stummen. Die Bar wurde nun unter Schussfeuer genommen. Immer tiefer bohrten die Salven aus dem Sturmgewehr. Anne, eine physische Adeptin, wusste, dass Verstecken keine Option mehr war. Sie sprang auf und warf sich auf den Angreifer, trat ihn zu Boden. Dann rannte sie zum Vordereingang. Verdammt! Verschlossen. Während sie sich hektisch suchend abwandte, wurde neben ihr Timmy erschossen, der immer noch vergeblich an der Türe rüttelte.

Auf der Bühne schnappte sich der Ork nun Tommy. Sting ergriff die Chance und eilte hinterher. Aus dem Augenwinkel sah er, wie ein Attentäter sehr langsam Tommy aufs Korn nahm mit dem Sturmgewehr. Sting schrie. Und der Ork warf sich herum in die Schussbahn. Die Kugeln konnten seinem Cyberarm nur wenig anhaben. Damit aber hatte Sting sich in die Schussbahn gebracht. Im Sprung von der Bühne hin zum rettenden Hinterausgang ereilten ihn die Schüsse, und er fiel wie ein nasser Sack auf den Betonboden. Beate und Sophie krabbelten unter der Bühne nun auch zum Ausgang und sahen noch, wie der Ork mit Tommy durch die Schwingtür verschwand. Aber, hey, da lag der süße Gitarrist, hatte doch gut gespielt. Kurzentschlossen griffen sich die Freundinnen den schlaffen Körper, vielleicht um ihn zu retten, vielleicht auch nur als Kugelfang. Beate versuchte sich an einer Geisterbeschwörung, was ihr in der Hektik aber misslang. Was sie nicht kommen sahen, war der Attentäter mit der Shotgun, der sich ihnen von in den Weg stellte. Zwei Salven auf nahe Entfernung zerfetzten sie.

Julia hörte immer noch Schüsse auf die Bar. Wenn sie sich nicht wehrte, war sie tot. So zielte sie mit ihrer kleinen, leichten Pistole direkt auf den Kopf des Attentäters und erschoss ihren Peiniger. Sie krabbelte an den Überresten der Bar und einigen Bierfässern vorbei, schnappte sich die Waffe und sah sich hektisch nach einem neuen Versteck an. Da, gegenüber war eine kleine Tür. Hier war das improvisierte Kühllager für die anderen Fässer. Sie zog die Tür zu, verbarrikadierte sich hinter den Fässern. Schwer atmend richtete sie den Lauf des Sturmgewehrs auf den Eingang – und wartete.

Anne hechtete nun quer durch den mit Leichen übersähten Clubraum. Vom vorigen Infight war ihr noch etwas dusselig. Aber da war dieser Magier mit seinem Flammenwerfer. Sie wusste, ihn musste sie aufhalten. So setzte sie all ihr Können ein und knockte diesen aus. Der Weg zum Hinterausgang war frei – bis auf den Kerl mit der Shotgun. Eine Salve traf sie und ließ sie taumeln. Zum Glück war nun die Munition alle, und der Angreifer setzte die Waffe als Keule ein. Na, im Infight war sie besser. Sie versetzte ihn eine und suchte ihr Heil in der Flucht. Eine letzte Salve aus der Shotgun ließ sie Blut spucken, aber sie kam davon. Irgendwann funktionierte ihr Kommlink wieder, und sie setzte den Notruf ab. Die HanseSec versprach, bald zu kommen. Sie selbst wurde von einem Krankenwagen abgeholt in die Intensivstation. Es war sehr knapp gewesen.

Ganze fünfzehn Minuten später kamen sie zu Julia. Sie hatte im sonst nun stillen Club immer wieder einzelne Schüsse der Exekution gehört. Die Attentäter hatten wohl systematisch den Ort durchsucht. Die Tür zur Kühlkammer öffnete sich. Julia zog den Abzug durch. Es war nicht genug. Kugeln zersiebten die Deckung aus Fässern, und bald mischte sich Blut in das schäumende Bier.

Wo war Tommy Blank?
Zuletzt geändert von Stefanie am 27.02.2015, 11:57, insgesamt 1-mal geändert.
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JimBob
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von JimBob »

(Falls ich hier falsch bin, verlege ich den Beitrag in den anderen Thread)


„Was für ein Tag, Claude!“

„Erst steht dieser aufgetakelte Kerl vom Nachrichtendienst, Abteilung für Inneres und Juristische Angelegenheiten“, Jean las das von der Karte ab, die der „Kerl“ ihm dagelassen hatte „ vor der Tür.“

Er packte methodisch Ausrüstung und Kleidung in einen Sack, drehte sich hin und wieder zum Küchentisch, und unterstrich das Gesagte mit Stichen seines Zeigefingers.

„Frau Karlsen hat mich schon gefragt, was denn der Kapitän von der Küstenwache bei mir wollte – Küstenwache!

„Dann werde ich kurz Vater, dann stirbt die Mutter bei einem Verkehrsunfall, und meine Tochter wird bei einem Massaker erschossen. Alles in fünf Minuten! IN FÜNF MINUTEN!“

Die erwachte Yucca-Palme zitterte leicht. Sie spürte die Erregung ihres – Herren. Jean drehte sich wieder zu seiner Ausrüstung und zerlegte die Pistole. Sie zog langsam ihre Wurzeln aus dem Topf – es waren nur wenige Zentimeter bis zu….

„Und dann – eine Hamburger Kanzlei hat sich nach mir erkundigt – welche, werde ich wohl noch erfahren. Soviel zum Nachrichtendienst. UND – DANN – DIESE – SCHNITZELJAGD! Verdammt.“

Die Yucca erstarrt in der Bewegung.

„Erst ein Krankenhaus, in dem sie nicht mehr ist. Dann eine Leichenhalle, in der sie nicht mehr ist. Und dann dieser „Fahrbereitschaftsbulle“. Werner Fuchs! Irgendwoher kenne ich diesen Namen, und da war bestimmt nichts Gutes!“

Langsam schob sie sich weiter…….Zentimeter um Zentimeter zog sie die rechten Wurzeln heraus und streckte die linken Blätter aus….

„Kommen Sie zu einem Angehörigentreffen – in einen verdammten, verfickten KLUB! Ne Kneipe. OKAY, eine Edelkneipe, aber eine Kneipe!“
Der Teller war so nah….

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Circa eine anderhalb Stunden vorher.

Jean Jaque Gordard, auch als DschiDschi bekannt, stand vor dem Eingang zum Neptunklub. Der sympathische Türsteher hatte ihm zugenickt als er hinausging, und er hatte kurz überlegt, ihm zu erklären, das er später wiederkommen würde.

Das war hart gewesen. Er hatte noch nie dermaßen Angst gehabt. Der Bulle hatte ihm gesagt, seiner Tochter – seiner Tochter – ginge es gut. Man hätte sie in Sicherheit gebracht und die Meldung ihres Todes verbreitet.

Die Dame im obersten Stock hatte ihm einen Datastick und ein Lesegerät gegeben. Die medizinischen Daten waren brutal ehrlich. Knapp am Tod vorbei – nur auf einen Handschlag. Sie war im Koma, aber auch wenn sie ihn nicht sehen konnte – er hatte gekniffen. Er hatte keine Ahnung, was zu tun war, oder was er hätte sagen können.

Zum Beispiel...

„Hey, ich bin dein Vater. Ich habe deine Mutter kennengelernt, als ich vor der russischen Mafia in Marseille in die Rekrutierungsstelle der Legion gerannt bin. Ich habe deine Mutter erst zu Tode erschreckt, dann angegraben, dann geschwängert und dann haben wir uns gegenseitig sitzen lassen. Sie hat Karriere im Stab gemacht und ich habe die Karriere diverser Leute beendet. Und sie hat mir nie was von dir gesagt – knapp 16 Jahre nicht.“

Er grinste, während er die Straße entlang ging. Die zweite Sache, die er garantiert gefragt hätte, wäre gewesen: „Und was hast du mit 16 Jahren auf so einem Konzert zu suchen, als Barkeeperin?! Was ist mit der Schule ? Ausbildung ? In deinem Alter….“ Ganz wie sein alter Herr. „Eines Tages wirst du Kinder haben und dann……!“ Später Rache, Papa, das wird dir gefallen……

In ihrem Alter hatte er schon einiges ausgefressen.

Wenn sie gestorben wäre, dann wäre alles eine kurze Episode gewesen. Er hätte sich überlegen können, ob er zum Rächer werden würde, und dann die Sache abhaken können. Jetzt lag sie in einem Intensivbett, sie zwar eine Zwergin und sie war eine physische Adeptin. Und die einzige Überlebende eines Massakers.

Gordard konnte es fühlen. Eiche hatte entschieden, diesen neuen Trieb des Baumes anzunehmen, zu schützen und zu nähren. Eiche spendete Schatten, beherbergte Tiere, schützte. Eiche konnte auch ein Schild sein, oder ein dicker Knüppel. Die Sache war beschlossene Sache.

Er war schon bei seinem Wagen angelangt und seufzte.

Susan. Susan Travers. Eine Norm, die voll auf einen Zwerg abfuhr, der schlecht Deutsch sprach, und noch schlechter Französisch. Aber dank der Magie eine Menge Ahnung von Körperbewegung hatte. Die Inneneinrichtung litt darunter…..


Was nun ? Er hatte ca. 20 Minuten Zeit. Zeit, ein paar Leute anzurufen. Jetzt fühle er sich wieder besser mit einem klaren
Ziel. Seine Tochter – das klang immer noch seltsam – mußte in Sicherheit gebracht werden.

EVAC WIA, ASAP. Wie gut, wenn man auf erlernte Reflexe zurückgreifen kann.

Als erstes seine Schwester. Den Text legte er sich zurecht.

„Hallo, Yvonne, hör bitte einfach zu. Es ist was passiert, ob gut oder schlecht, weiß ich noch nicht.“

Yvonne war Managerin. Aber auch Tante – frisch gebacken. Sie stimmte zu, den ersten Besuch bei Marianne zu machen und ihr von ihrem ach so feigen Vater zu erzählen, ein paar Bilder zu zeigen, und vielleicht sogar ihre Oma mitzubringen. Dafür würde er den Rest seines Lebens diese Geschichte vorgehalten bekommen. Und natürlich mißbilligte sie sein Vorhaben. Für seinen Geschmack hatte sie zuviel Spaß an der ganzen Sache.


Dann Pierre.

Pierres Sekretärin versuchte ihn abzuwimmeln, und war so höflich wie ein Minenfeld. Jean nannte seine Nummer und das Codeword und sie stellte ihn durch.

Pierre Koenig, Colonel a.D., Leiter der Stelle für Reservistenangelegenheiten, hörte zu. Dann versprach er ihm, die Informationen des Nachrichtendienstes zu überprüfen, besonders auch die DNA-Untersuchung. Er würde sich auch die Hamburger Kanzlei ansehen, und die Umstände von Susan´s Tod abchecken.
„Denk dran, der Platz in der Garde du Druide ist noch frei. Wenn du zurückkommst, erwarte ich, das du dich entscheidest.“


Jetzt Michel.

Es ist nicht einfach an den Sekretär des Konsulats Frankreichs zu kommen, aber es klappte.

„Du möchtest, das ich überprüfe, ob du sorgeberechtigt bist ? Ein wenig spät, oder ? Vielleicht ein Adoption. Wenn die Papiere in Ordnung sind, die mir Pierre schickt, sehe ich da kein Problem. Wie alt ist sie ? 16 – fast 17. Vorbestraft ? Dann wäre es einfacher. Die ADL könnte sie so loswerden wollen. Die französische Staatsbürgerschaft ?“ Ein Seufzen. „Madam Travers hat sie wohl gehabt. Wie ist Susan dann nach Deutschland gekommen ? Weißt du nicht. Das ist traurig, Jean. Nicht einfach. Nicht einfach. Ich hoffe, im Gegenzug kann die Republik auf dich zählen ? Die Druiden hätten dich immer noch gerne.“

Zuletzt Sem. Hoffentlich hatte der nicht auch noch Ermahnungen für ihn.

„Ein Person, freiwillig, ohne Aufsehen, mit ganz wenig Aufsehen, aber mit gültigen Papieren, medizinisch angeschlagen, von Hamburg nach Fourgeres. Das ist alles ? Wozu brauchst du mich ? Nimm die Bahn! Oh – deine Tochter ?! Sie war wo ? Kein Problem – mach dir keine Sorgen. Was ? Ach vergiß es. Na gut – aber nicht mehr als 20.000. Yvonne gibt mir Bescheid ? Bestens. Ist so gut wie erledigt.“

Alles erledigt.

Jetzt kam er nicht mehr dran vorbei.

Zurück.

Als er diesmal die Bar betrat, waren schon andere da. Einige kannte er, andere sah er zum ersten Mal.
Da waren ein paar Leute aus seinem Zirkel, von der Universität. Nicht das er dort was verloren hätte, aber er hatte zum Beispiel Dr. Einar auf einige Expeditionen begleitet, wo seine Talente vonnöten waren. Ein ruhiger Mann, guter Auftraggeber, guter Zirkelbruder.

Da war auch Erlkönig, und trotz der ernsten und traurigen Situation fühlte Jean ein Ziehen im Unterleib, als er dieses absolute heiße Stück Elfenfleisch sah – niemand nahm war, das er an seinem Hintern hängenblieb. Jean bemühte sich immer um – bemühte Professionalität in seiner Nähe.

Owl war auch da. Auch ein heißer Feger…..wow….

Dann traf ihn die Erkenntnis. Alle ware hier, weil sie jemanden…..Anne war die einzige Überlebende….das hieß….alle hatten jemanden verloren. Jemanden, der getötet worden war.

Der Manager von Tommy Blank trat auf. Der Name Tommy Blank sagte ihm etwas, aber nicht mehr, als das er ein Musiker war.

Tommy habe die Leute berührt, oder sie hätten ihn für einen Manipulator gehalten. Er schnaubte verächtlich – so – whats new in Music Business ? Seine beiden Adoptivtöchter fuhren auf Musiker oder Showmenschen ab, die mit ihren Manipulationen berührten. Also nichts Neues.

Manager-Man erzählte viel, aber es wurde klar, das er eigentlich nichts wußte. Weder warum Blanks Karriere so Achterbahn fuhr, noch warum man ihn umlegen wollte. Ein bißchen Gebrabbel über konzern-kritische Äußerungen, und wenig Lobhuddelei über den künstlerischen Charakter und die Askese des Herrn Blank.

Als ob ein Konzern eine Killerschwadron schicken würde, wegen ein paar Äußerungen, wenn zwei minderjährige Nutten und Drogen den gleichen Zweck erfüllt hätten.

Da war was anders im Busch.

Die Spur führte in die Ukraine. Der Wagen von TB war dort gestrandet.

Die zweite Erkenntnis streifte den Ex-Legionär. Er konnte nach Hause gehen. JeanJaque Gordard hatte Glück gehabt. Niemand würde ihn abschätzig betrachen, wenn er nach Hause ging und sich um seine überlebende Verwandte kümmern wollte. Sie würden ihn beneiden.

Eiche kickte ihn. Einmal, zweimal. Zwang ihn, die Gesichter zu betrachen, eins nach dem anderen. Jedesmal fühlte er es. Das Erleben, davongekommen zu sein. Und das sie, die anderen, dieses Glück nicht hatten. Das schlechte Gewissen denen gegenüber, die gefallen waren, während man selbst noch lebte. Und das aus keinem anderen Grund als dem Zufall.

Es tut mir leid, das mein Mädchen lebt, und eure nicht, aber ich kann nichts dafür. Ich möchte diesen Alptraum beenden, aber er wird mich verfolgen.

Eiche und er faßten einen Entschluß. Manager-der-nichts-wußte-Man hatte den Treffpunkt mit der Maschine schon genannt. Also ging er packen.


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„Und nun packe ich meinen Krempel und ziehe wieder los. Ich bin ein Riesentrolltrottel. In die Ukraine! Papa würde ausflippen – wegen dem Scheißeurokrieg und so.
Ich muß wissen, was dahinter steckt. Freak-Massaker oder ein echter Plan mit echten geplanten Zielen. Und wenn ich das weiß, dann gehen wir beide zurück und lassen uns nieder. So wie Eiche und Yucca das tun sollten.
Du wirst solange bei Frau Albrecht bleiben – sie mag dich. Also benimm dich.“

Jean verließ die Küche, um den Helm zu holen, und Claude ergriff die Gelegenheit.


Und endlich hatte er sein Ziel erreicht – der Schoko-Crossaint war sein!

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Ein Militärmaschine auf dem Hamburger Flugplatz.

Fast wie zu Hause.

Er fragte nach einem Fallschirm und bekam einen Norm-Schirm. Sehr gut. Mit Material wog er locker soviel wie ein Norm, und die Gurte sollten auch kein Problem sein.

Kurz nochmal den Rasen nebenan gießen, und dann gemütlich machen. Gurte und Helm festzurren, und den Kopf im Sitzrahmen ablegen. Dösen. Man würde ihn wohl wecken, wenn man ihn brauchte.

Ukraine – wie ging das Lied noch…


Yeah I'm back in the U.S.S.R.
You don't know how lucky you are boys
Back in the U.S.S.R.

Well the Ukraine girls really knock me out
They leave the West behind
And Moscow girls make me sing and shout
That Georgia's always on my mind
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Stefanie
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von Stefanie »

Der nächste Tag

Am nächsten Tag waren die Medien voll von Berichten und Spekulationen. 60 Tote auf einen Schlag, das war selbst für die Millionenstadt Hamburg ein schwerer Schlag. Dazu der verschwundene Rap-Star Tommy Blank, der ja erst morgen seinen großen Auftritt in der schon lange ausverkauften O2-Arena vor 8.000 Zuschauern haben sollte. Nicht auszudenken, was da passiert wäre. Und doch, bald machte es die Runde, dass es bereits vor Jahren ein Attentat auf Tommy gegeben hatte. Damals kam sein Album heraus, und Tommy hatte in den USA eine Lesung gegeben. Plötzlich hatte jemand eine Ares Predator 2 gezückt und abgedrückt. Nur dem langhaarigen Bodyguard hatte Tommy damals sein Leben zu verdanken.

Bork kniff beim Anblick des Trideo-Feeds die buschigen Augenbrauen zusammen und zwirbelte seinen wirren Zwergenbart. Irgendetwas an dem Video war fishy. Da hatte doch wer manipuliert? Und tatsächlich, auf einer Zeitscheibe sah er, wie sich plötzlich das Gesicht des Bodyguards in einen Totenschädel verwandelte. Auch Muni hatte sich die alten Aufnahmen angesehen und das ganze ohne die Ahnung, er sei involviert, analysiert, dass Tommy viel zu cool dreinblickte für das Attentat. Er war damals kein Opfer, denn er hatte gewusst, dass ihm nichts passiert. War also alles getürkt gewesen? Wusste er vom damaligen Attentat und vielleicht auch vom gestrigen?

Trauer

Bei Jean-Jacques Gordard klingelte an der Tür ein Fremdenlegionär ohne Rangabzeichen, aber mit Kondolenzmappe. Am Küchentisch wurde ihm die traurige Nachricht mitgeteilt. Seine verflossene Liebe, als er noch hetero war, hatte ihm eine unbekannte Tochter geschenkt. Und Anne Marinin war nun tot. Ihre Mutter war schon vor Jahren einem Verkehrsunfall erlegen. DschiDschi schluckte, entließ den Legionär, und fing an zu telefonieren.

Munin, was für einen der weisen Raben des Germanengottes Odin stand, ereilte die Nachricht im Büro. Dort suchte ihn ein Kriminalkomissar auf und teilte ihm mit, dass seine Schwester Sophie, Sophie Thorson, unter den Opfern des Attentats war und er bitte in die Pathologie kommen möchte zur Identifizierung. Er blinzelte irritiert. War es das Konzert, wo neben seiner Schwester Sophie auch seine Freundin Beate Karten gehabt hatten? Rasch fuhr er in die Leichenhalle, wo seine böse Vorahnung wahr wurde. Die fürsorgliche Pathologin Dr. Bürger hatte ihm vorsorglich einen Stuhl untergeschoben, auf dem er einen ersten Zusammenbruch hatte. Dann packte ihn eine kalte Wut. Er wollte mehr wissen. Statt des Kommissars suchte ihn nun aber ein modisch gekleideter Asiate auf – sprach ihn sogar mit seinem Straßennamen „Munin“ an: „Mein Name ist Tetsuo. Es gibt noch mehr Tote. Besser, wir treffen uns heute Abend“.

Der Name sagte ihm etwas, Tetsuo. Der war vor gut zwei Jahren aufgetaucht und zwar im Zusammenhang der Entführung eines Vorstandsmitglieds des AA-Konzerns Proteus. Das war in Rotterdam gewesen. Aber jetzt war es Muni völlig egal. Rasch textete er zu seinem Freund Erlkönig: „Sind die Mädels bei Dir?“ – „Nein“ – „Waren die zusammen beim Konzert?“ – Ja“. Munin schnauzte Tetsuo an: „Wer ist tot? Haben Sie die Liste?“ Wortlos führte Tetsuo ihn zur Bahre von Beate Hinkel, seiner Freundin. Sehr leise redete der Japaner weiter: „Wenn Du etwas tun möchtest, lass uns heute abend treffen. 18 Uhr im ‚Neptun Club‘ 3. Etage. Und sei besser reisefertig.“

Bork hatte gewusst, dass Großvater Noish-Pa auf dem gestrigen Konzert einen Kontakt hatte treffen wollen. Als er nicht nach Hause kam, fing Bork an zu recherchieren. In den Medien wussten sie noch nichts von den genauen Opfern, also begann er den Hamburger Polizeiknoten zu malträtieren. In seinem Kopf redeten seine zwei Entitäten wieder wild durcheinander. Die eine begann nervös den Bart zu flechten, was die andere mit zunehmender Sorge wieder struppig machte. Die Hamburger Polizei, die erst kürzlich unter anderes Management gekommen war, war ein recht heißes ICE. Er wunderte sich daher nicht, dass plötzlich ein Feuerwehrmann neben ihm auftauchte und ihn auch freundlich auf das Feuer aufmerksam machte und ihm dann mit Worten des Beileides ein Bild vom toten Noish-Pa zeigte. Es wären noch andere gestorben, und die Angehörigen wollten dem nachgehen. Bei Interesse könnte man sich abends treffen. Fürs erste machte der Feuerwehrmann nonchalant eine Hintertür auf in den brandheißen Polizeiknoten, so dass Bork weitere Infos abgreifen konnte über den toten Noish-Pa.
Zuletzt geändert von Stefanie am 27.02.2015, 15:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von Stefanie »

Für diesen Mittag war eine Bandprobe angesetzt für „Black Rose“. Axe, Veil und Hand vermissten Sting, ihren Leadgitarristen. Axe alias K-Owl, was auf Sperethel für Musik lautmalerisch stand, versuchte diesen anzutexten – keine Antwort. Hand alias Igor vertrieb sich die Zeit mit dem Surfen im Internet und blieb auf einem News-Feed zum Attentat stehen: „Hey, war Sting nicht gestern arbeiten bei nem Gig?“ Veil nickte: „Sting war doch auf so nem HipHop-Konzert eingeladen zum Spielen, hatte sich voll drauf gefreut“. K-Owl hakte nach: „Wo denn genau?“. Mit den Adressdaten flugs im Streetview nachgeschlagen verschwand die Elfe wieder einmal auf der Toilette, wo sie sich einschloss. Aus einer Ecke zog sie eine schon oft gebrauchte Decke hervor, legte sich entspannt darauf und schoss in den Astralraum.

Zuhause war Sting nicht gewesen, auch nicht auf seiner Arbeit, dem Conrad-Store in Hamburg-Wansbek. Als sie sich der Konzert-Location näherte, wurde der Astralraum düsterer. Hier war auch viel los. K-Owl schaltete auf Schleichmodus und schaute sich vorsichtig um. Hier war viel Polizei, auch einige besorgte Angehörige, dazu wachende Geister. Aber im Club selbst gab es nur sterbende Rest-Auren. Die Leichen hatte man schon fortgeschafft. An einer riesigen Blutfütze nahe dem Hinterausgang spürte sie Stings letzte Aura – hier war er gestorben. Erschrocken schoss sie zurück und eilte zum Rest der Band, ihnen die traurige Meldung zu machen. Veil recherchierte rasch in der Matrix und hatte die Adresse der Leichenhalle samt Fake-ID. K-Owl fuhr sofort hin. Zwar hatte sie Sting nie ganz an sich herangelassen, aber der Elfposer war ihr sehr nah. In der Leichenhalle brachte eine besorgte Frau Dr. Bürger sie zur schwer lädierten Leiche ihres Freundes Sting alias Thomas Christensen: „Mein herzliches Beileid. Kann ich Ihnen noch etwas bringen?“ – „Ja, den Mörder“. Sicher, die Polizei wollte recherchieren und den Mörder finden, aber hatten sie etwas in der Hand? Frau Bürger ließ K-Owl alleine. Dafür störte sie nun dieser Tetsuo, ein richtiger Dandy-Typ. Hatte er nicht damals 5 Zähne verloren und dafür das Herz des SimSin-Stars gewonnen? Auch er hatte gestern Freunde verloren und wollte das nicht so stehen lassen. Er reichte ihr eine Karte: „Neptun Club, heute 18 Uhr 3. Etage“.

Erlkönig war durch die Textmessage seines Freundes Munin aufgeschreckt worden und jagte in den Astralraum, genauer in die Meta-Ebene des Wissens. In einem Cafe an einem lauschigen Marktplatz wurde er ans benachbarte Rathaus verwiesen. Dort bedeuteten Gestalten ihn zu einem genauen Abbild des Tatorts, was ihm wiederum ein Portal öffnete zum richtigen Musikclub. Erlkönig schaute sich dort vorsichtig und getarnt um. Die Rest-Auren sagten ihm, dass hier viele Tote gewesen waren. Es hatte ausgelassene Partystimmung geherrscht, die plötzlich in Panik umgeschlagen war. Die Attentäter hatten schnell und emotionslos zugeschlagen und so auch im Astralraum kaum Spuren hinterlassen. Er selbst fand nun die Auraspuren von Beate und Sophje in einer großen Pfütze voll geronnenem Blut. Erlkönig rang mit seiner Beherrschung. Nach kurzer Weile hatte er sich soweit unter Kontrolle, dass er sich weiter umschauen konnte. Ein junger Magier gesellte sich zu ihm. Augenscheinlich kein Initiat, aber wer wusste das schon. Und er war dem Totem Hund zugetan. Auch der Magier hatte hier wen verloren und wollte sich gerne mal treffen – heute Abend „Club Neptun“ um 18 Uhr.

DschiDschi hatte inzwischen in den Medien erfahren, dass seine Anne vorgeblich die einzige Überlebende war. Aber er hielt doch den Totenschein in der Hand? Was war hier nur los? Im Krankenhaus schüttelten sie den Kopf, nein, hier gäbe es keine Anne Marinin. Dafür wurde er an die Pathologie verwiesen. Hatte der Fremdenlegionär also doch recht gehabt. Aber die dort allmählich überforderte Frau Dr. Bürger schaute sich seine Totenpapiere an und schüttelte den Kopf. Hier stimmte etwas nicht, und seine Tote hatte er hier auch nicht. Vielleicht wusste der leitende Ermittler mehr? Also fuhr DschiDschi zum LKA von Hamburg. Vorbei ging es an den aktuell üblichen Streifen der neuen Hamburger Polizei – ein Troll und ein Ork führten einen Boogey spazieren; mit freundlichen Grüßen von ManaDynamics. Der Pförtner vom LKA wollte ihn nicht durchlassen, und allmählich hatte DschiDschi genug von den Behörden. Er wollte doch nur wissen, was los war. Ein Polizist namens Werner Fuchs trat an ihn heran und verwies ihn auf ein Treffen heute abend 18 Uhr. DschiDschi hatte genug. Er wollte _jetzt_ wissen. Fuchs zog ihn zur Seite und verkündete ihm unter dem Deckmantel des White Noise Generators, dass Anne leben würde. Man habe sie in Sicherheit gebracht in eine Schattenklinik. Die Auftraggeber von Fuchs wollten wissen, was genau passiert sei. Und auch die neuen Eigentümer der Hamburger Polizei waren sehr daran interessiert.

Bei Axel rief dessen Freundin Rai an. Völlig aufgelöst berichtete sie ihm vom Tod ihres kleinen Bruders Timmy. Es sei ein LKA-Kommissar da gewesen, und der hätte so komische Fragen gestellt. Ob Axel helfen könnte? Sofort holte Axel seine Freundin ab, und sie fuhren gemeinsam zur Leichenhalle. Beim Anblick von Timmy sackte Rai zusammen, und Axel hielt sie fürsorglich. Timmy sah wirklich nicht gut aus. Ein kurzer, konzentrierter Feuerstoß hatte ihn niedergestreckt. Das waren Profis gewesen. Während Rai um ihren Bruder trauerte, hielt Axel sich etwas abseits bereit. Dort begegnete ihm ein Ganger mit recht guter Kleidung. Es war Pantera, von dem Axel schon wusste, dass auch er in den Hamburger Schatten unterwegs war. Jemand wollte wissen, was hier passiert war, und der würde auch gut dafür bezahlen. Bei Interesse heute Abend 18 Uhr „Club Neptun“.
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

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Neptun Club

Der „Neptun Club“ lag auf der Musikinsel und war eigentlich nur per ÖPNV zu erreichen. Dennoch besaß er einen Parkplatz für VIP-Limousinen und AutoCabs. Die vier Ebenen des Clubs teilten sich auf in eine Cocktailbar mit Lounge im Erdgeschoss, einer Dance-Club-Ebene im ersten Stock, im zweiten Stock wurde Metal gespielt, in der dritten Ebene gab es Neon Jazz und den Mojo Club, während die vierte Ebene ein Chillout war mit schöner Aussicht. Das ganze Gebäude war des nächtens grünlich illuminiert und zeigte das riesige Antlitz des Meeresgottes Neptun, an dem ein Leuchtturm angebracht war. Der Mojo-Club in der dritten Etage war ein Szenetreffpunkt für Magier und Schamanen.

Um 18 Uhr war hier nichts los. Bork konnte seinen Imbisswagen ohne Probleme im Servicebereich abstellen. Am Eingang gab es eine Schleusentür, aber niemand nahm dem Zwerg seine Waffe ab. Durch die Cocktailbar, wo die Barkeeper gerade die letzten Gläser polierten, ging es gleich in den Aufzug zum dritten Stock. Hier änderte sich die Einrichtung. Echtholzmöbel und ein irgendwie seltsamer Holzfußboden. Es hatte etwas von einem riesigen und gemütlichen Wohnzimmer mit gemütlichen Sitzmöbeln verschiedener Größen. Hier saß eine kleine Zwergin eingestöpselt und offenkundig in der Matrix unterwegs. Als kurze Zeit später DschiDschi sich suchend umsah, winkte sie ihn heran und reichte ihm einen Datenchip samt Pad zum Lesen.

DschiDschi ließ sich von Tape kurz zeigen, wie man mit dem Ding umging. Dann sah er die Realtime-Aufnahmen seiner Tochter Anne Marinin, wie diese auf einem Intensiv-Krankenbett lag. Die beigefügten Informationen bedeuteten ihm, dass sie stabilisiert und in gut zwei Wochen transportfähig sei. Auch die Koordinaten der Schattenklinik waren beigefügt. Wunderbar, die Info wollte er. Sofort machte er sich auf zum Fahrstuhl. Statt im Erdgeschoss hielt der Aufzug im fünften Kellergeschoss. Eine Gnomin begrüßte ihn und wollte ihn zu seiner Tochter führen. Hier? Die GPS-Koordinaten stimmten. DschiDschi bekam das Flattern, drehte sich wieder um und verließ das Gebäude. Er musste telefonieren.

Munin und Erlkönig erschienen gemeinsam im Club Neptun. Nach und nach trudelten weitere Angehörige ein. Die gut aufgebaute Bar hier im Mojo Club hatte Selbstbedienung. Mit einem nicht zu starken Drink setzten sie sich in eine Ecke und warteten ab, nur selten ein paar Worte verlierend. Ein Zwerg mit wirrem Bart saß da und führte fast unaufhörlich leise Selbstgespräche. Später kam eine junge Frau mit schwerer Wumme und noch schwerer Tasche. Von der eingestöpselten Zwergin kam hier nur ein leises „Jessy“ als Willkommensgruß. Als Axel auftauchte, stutzten die beiden Schamanen, den kannten sie aus dem Zirkel. Und auch dieser Franzose, DschiDschi, der sich später mit grimmigem Blick hinzugesellte, den hatten sie schon mal in Begleitung eines Hamburger Magie-Professors gesehen. Und da war auch K-Owl. Die sonst so charmante Elfe umarmte nur kurz traurig Erlkönig und hockte sich neben die anderen, wie die meisten eine Reisetasche abstellend.

Tetsuo kam nun hinzu, fuhr sich einmal müde durch die asiatisch dichte Mähne, und erklärte ihnen: „Ich bin Tetsuo. Mir gehört das Plattenlabel, bei dem Tommy Blank unter Kontrakt steht. Auch ich habe gestern Freunde verloren, viele Freunde. Ich will wissen, wer das getan hat und warum. Und ich will Tommy Blank finden. Denn der hat überlebt und ist seitdem verschwunden. Warum?“

Erlkönig setzte skeptisch hinzu, ob Tommy nicht etwas mit dem Attentat zu tun hätte. Offenkundig gab es mindestens drei Attentäter, und Tommy hätte im grellen Scheinwerferlicht auf der Bühne gestanden. Der war nicht zu verfehlen gewesen. Tetsuo zuckte mit den Achseln. Tommy Blank sei ambivalent. Ein Manipulator und ein Motivator. Er hatte die Massen bewegt, ganz ohne Magie. Häufig hätten die Konzertbesucher nach den Gigs Dateien und Links auf ihren Kommlinks gehabt. Wie die Daten übertragen werden konnten, war Tetsuo und der eingestöpselten Tape noch schleierhaft. K-Owl murmelte nur kurz von magischen Möglichkeiten mit Massen-Suggestion und anschließendem Vergessen. Aber so ganz ohne Magie?

Vor Jahren hätte Tommy sich von seiner Frau und seinem Sohn getrennt, war ziemlich deprimiert gewesen. Seine Frau war damals schwanger gewesen, aber seine Tochter hatte noch nie ihren Vater gesehen. Tommy hatte seitdem in einem umgebauten Wohnwagen gelebt – und dieser Wohnwagen sei vor zwei Stunden an der ukrainischen Grenze gefunden worden.

Vielleicht wollte Tommy die Familie auch schützen. Er hatte immer wieder schwer versteckte Botschaften in seine Konzerte gepackt und gegen die Konzerne gewettert. Und dabei war auch Top Secret-Wissen weitergegeben worden, was gewissen Stellen sicherlich nicht gepasst hatte. Es war ein Spiel mit dem Feuer. Und auch über Proteus hatte er Intel verbreitet. Vor drei Jahren dann waren seine Memoiren herausgekommen, und bei einer Lesung in New York war ein Attentat auf ihn versucht worden. Der Gig gestern, so erläuterte Tetsuo, sollte ältere Freunde, eine etwas andere Klientel ansprechen. Daher wären die Karten auch alle verschenkt worden. Interessant war an der Einladungsliste, dass viele Besucher charismatisch gewesen waren. Sie alle hatten eine besondere Ausstrahlung und hätten wohl als Multiplikatoren gewirkt für die versteckte Botschaft von Tommy. Doch was hatte der Rapper gestern mitteilen wollen?

Der Bodyguard damals und heute, ein Ork mit langen Haaren, war auch verschwunden. Ein Tscheche namens Bernd Sbobotny. Tetsuo und seine Helfer hatten Zugriff auf alle LKA-Infos und auch auf die Trideos und Kommlink-Aufnahmen während des Konzerts. Bork stürzte sich sofort auf die Daten und zeigte ihnen den Totenschädel.

Tetsuo faltete die feinmanikürten Hände und gab an, dass er für die Aufklärung des Attentats und das Finden von Tommy Blank bereit sei, 8,5 Millionen NuYen zu geben für Spesen und auch Aufwandsentschädigung. Er hätte einige Assets in der Hinterhand, und so würde auf die Runner gerade jetzt eine Vektorschubmaschine am Hamburger Airport warten. Aktuell sei es nötig, in die Ukraine zu fliegen und dort den Fundort von Tommys Wohnwagen zu sichern. Und das mit dem Sichern meinte Tetsuo toternst, als er ihnen metallenen Stab zeigte, der als einer von mehreren magischen Sensorpfeilern einen ganzen Tatort von gut 20 Meter Durchmesser mitsamt 1 Meter Bodentiefe schweben lassen konnte. Gut, dann müsste man immer noch dafür sorgen, dass das ganze in handliche Streifen geschnitten wurde, die in die Maschine passten. Das sollten sie dann vor Ort schauen.

Der Elf sah ihnen ernst in die Augen und fragte abschließend: „In einer halben Stunde startklar?“
DschiDschi nickte und verschwand wortlos, um seine Siebensachen einzupacken.
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Stefanie
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von Stefanie »

K-Owl – Elfe – Hermetische Magierin (Stefanie)
Erlkönig – Elf – Schamane mit Totem Drachentöter (Ernst)
Munin – Norm – Schamane mit Totem Weiser Krieger (Frank)
DschiDschi – Zwerg – Ki-Adept mit Totem Eiche (Robert)
Jessy – Norm – Schwerewaffenspezialistin (Oliver)
Axel – Elf – Ki-Adept (Dennis)
Bork – Zwerg – Rigger-Hacker (Carmen & Dirk in schizophrener Kombi)

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Stefanie
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von Stefanie »

Rückblende K-Owl

Als sie die verstärkte und schallgeschützte Tür zum Proberaum aufzog, musste sie sich gegen die Wand von Drumbeats stemmen. Hand schien sich heute wieder mal gut abzureagieren von wer weiß was. Die leicht blutigen Fingerknöchel sprachen Bände. Veil war eingestöpselt und offenkundig in irgendeiner anderen Welt unterwegs, ein wehmütiges Lächeln auf den schwarz geschminkten Lippen.

Sting hieß sie willkommen, die Hand zärtlich über seine Les-Paul-Gitarre gleiten lassend: „Hey Axe, schön, dass Du da bist. Was hat Dich heute aufgehalten?“

„Hi Gang, hat ein wenig länger beim Friseur gedauert.“ Sie lächelte und strich sich durch das wie immer perfekt liegende wallende Haar, das sie sich dann hinter die spitzen Ohren schob und ihre Axt in die Hand nahm. Es war ein The-Demon-Signature-Bass, einer uralten Band namens „Kiss“ nachempfunden.

Die Proben nahmen ihren Lauf, und sie fanden bald zum Flow. Wenn nur nicht das verdammte Kommlink gewesen wäre. Es vibrierte ziemlich nervend in Axe's hautenger Lederhose.

„Stop! Kurze Auszeit“, bat Axe und ging nach draußen, um das anscheinend so wichtige Gespräch entgegen zu nehmen.

Als sie wieder kam, griff sie sich ihre Axt und zwinkerte dem Team zu: „Mir ist da gerade eine Inspiration gekommen. Muss mal kurz in mich gehen“.

Hand gab einen lahmen Witz: „Lass Dich nicht runterspülen...“
Sting winkte ihn ab: „Mach nicht so lange, wir wollten heute doch noch ins „Get Up“ gehen. Hab nen neues Outfit extra dafür“. Und er lächelte Axe gewinnnbringend an. Was natürlich sofort einen mäkelnden Schmollmund von Veil nach sich zu, die ihrer Eifersucht nicht sonderlich verbarg.

Axe winkte ihnen noch einmal zu und schlenderte mit dem Bass auf die Toilette, die sie sorgfältig von innen verschloss. Ein Handtuch reichte als Unterlage, um einigermaßen bequem zu liegen. Dann verließ K-Owl ihren Körper und flog im Astralraum dem vereinbarten Auftragsziel entgegen.
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Stefanie
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von Stefanie »

In der der Einsamkeit der Ukraine

Tetsuos Ausführungen nach stand Blanks Wohnwagen in unbewohntem Gelände an der ukrainischen Nordgrenze hin zu Polen und Weissrussland. Der Carry-All am Hamburger Airport war eine gewaltige Frachtmaschine eine Antonov 2060. Es ging an den Sicherheitsschleusen vorbei durch die Konzern Gates von Sonnentanz und Petersburgh Construction. Im VTOL selbst war ein Humvee festgezurrt sowie einige Squads nebst weiterem Equipment. Die beiden Zwerge DschiDschi und Bork schliefen schon. K-0wl hüllte sich in ihre dicke Jacke nebst schwarzer Mütze und nahm mit Erlkönig und Munin in der bequemen Passagierkabine Platz. Die Piloten waren allesamt Gnome und sprachen mit starkem russischen Akzent. Jessy stöberte in der Ausrüstung und hob die schweren Waffen mit leichter, aber muskulöser Hand. Kaum gestartet, kredenzte eine Gnomin mit ihrem Servierwagen reichte jedem von ihnen eine schwere Segeltuchtasche mit Winterausrüstung und schweren Handfeuerwaffen. Eine gute Ausrüstung, selbst für die Erfahrenen von ihnen.

Der Flug ging über Polen und Weissrussland bis zu einem verlassenen und ziemlich vergammelten Militärflughafen neben einem ebenso leeren Dorf. Laut der Karte waren es Luftlinie knappe 4 km bis zum Ziel. Sie landeten nachts. Die Gegend ringsum war recht menschenleer, nur kleine Dörfer mit je einem Schupo, so zeigte es ein Dossier. In den Wäldern sollten Critter hausen wie beispielsweise Boogeys, wovon es den Magiern gruselte, konnten diese magisch erwachten Kreaturen doch einen astral wandernden Magier festhalten, bis sein Körper starb. Aber auch einige unentwegte Einsiedler hausten hier mit ihren illegalen Wodka-Destillen, die sie gerne in der Nähe der großen Überlandstromleitungen betrieben, um ebenso illegal den Strom abzuzapfen. Strahlung gab es keine, und der Astralraum war wunderbar sauber, wie eine erste Erkundung ergab. Es war recht kalt hier, und die Runner waren dankbar über die warme Kleidung, aber das Wetter hielt. Aus einem kleinen Hangar flohen 2 Sasquatch in den nahen Wald, als ihre geräumige Antonov lautstark aufsetzte. Jessy packte die Waffe fester, sicher war sicher.

Sie nahmen den Humvee, von Axel gesteuert, und zwei Squads – DschiDschi und Jessy an den Lenkern. Im Kofferraum lagen weitere Waffen, und im Handschuhfach lagen Credsticks und je eine ID – sie waren ukrainische Militärs von der Schwarzmeerflotte, wie praktisch. Über holprige Straßen ging es an einen verschlafenen Dorf vorbei und zwei Betrunkenen, die hoffentlich in dieser Nacht nicht den Kältetod sterben würden. Die Squads fuhren als Kundschafter vorneweg, mit Munin und K-Owl als magische Phalanx dabei. Axel fuhr den Humvee hinterher mit den schlafenden Magiern, denn auch Erlkönig hatte sich in den Astralraum aufgemacht und schwebte über dem gewaltigen Jeep. Nur Bork war munter drauf und brabbelte munter vor sich hin in seinen bereits bekannten Selbstgesprächen.

Der leere, gelbe Schulbus

Endlich kamen sie zu einem Rastplatz. Er war verlassen, und bei den wenigen Picknickanlagen drang bereits das Moos in den bröckelnden Beton. Schief und völlig deplatziert stand hier ein gelber Schulbus. Munin und K-0wl zuckten zusammen, der Bus war eine astrale Senke, gebildet von unendlicher Traurigkeit. DschiDschi und Jessy betrachteten die offene Beifahrertür und fanden ein gut einen Tag altes Lagerfeuer mit Überresten von Verbandsmaterial. Nichts Verwendbares für Rituale, alles verbrannt. Aber jemand war verwundet gewesen.

DschiDschi fand nach längeren Suchen eine große Pistole. Es war die Waffe des Bodyguard. Munin fand einen Manipulationszauber auf der Waffe. In einem nahen Baum steckte eine Kugel, die Rinde ringsum die Rinde verbrannt. Erlkönig runzelte astral die Augenbrauen. Der Baum war tot. Erschossen von dieser Kugel? Zurück in seinem Körper rief er einen Geist des Waldes. Der hatte zwar den Tod bemerkt, aber sonst nichts. Der Bus war dem Geist nicht geheuer. Er war mit seiner düsteren Aura ganz offensichtlich ein Fremdkörper hier in diesem so reinlichen Wald. Spuren fanden sie hier sonst keine. DschiDschi nahm sich die Kugel vor und porkelte sie vorsichtig aus dem Holz heraus. Vielleicht ließ sich hiermit noch etwas herausfinden.

Sie nahmen sich den Bus vor. Axel kletterte durch das Oberlicht hinein, Jessy nahm die Beifahrertür. DschiDschi schaute misstrauisch unter den Bus. Darunter waren zwei Metallplatten geklemmt, mit Plastikstangen getrennt. Achtung! Bombe! Rief er. Sie stoben allesamt vom Bus weg, um diesen nun wieder aus gehöriger Entfernung zu begutachten. Bork meinte, die Metallapparatur sei eine Art Kondensator. Es waren keine Drähte zu sehen, keine Magie zu finden. Aber Munin fand feine Linien zwischen den Platten, wie von einen schamanistischen Bild, aber in das Metall geritzt oder geätzt. K-Owl wirkte einen Hellsichtzauber, um sich das Bild genauer zu betrachten, während die anderen gut in Deckung gegangen waren.

Und die Welt wurde bunt, schien kurz nach ihren Köpfen zu greifen. Die Bäume knickten um, vom Bus her. Eine Druckwelle rollte über den Rastplatz, sie brachte gar den Humvee zum Wackeln. Der Bus wirkte unverändert, nur die Metallplatten waren abgefallen. Erlkönig bemerkte, dass die düstere Aura weg war. Es war nun gar nichts mehr astral auffällig an dem Bus, und damit war auch der vermutete Herdgeist verschwunden, den die Schamanen gar zu gerne befragt hätten.

Platten voller verstörendem Wahnsinn

Die Platten, die sie nun vorsichtig unterm Bus hervorgezogen hatten, zeigen sehr verstörende Szenen.

Auf einer war ein Tor mit Stacheldraht umgeben. DschiDschi entsann sich seiner sehr alten Schulbildung. Es war vermutlich das Tor des KZ von Bergen-Belsen.

Ein weiteres zeigte die Draufsicht einer zerstörten Stadt. Jessy vermutete hier Hiroshima nach dem Atombomben-Abwurf.

In einem dritten Bild stand auf einem Holzhaufen ein senkrechter Stab. Munin erkannte hier eine Abbildung aus den Zeiten der mittelalterlichen Hexenverbrennungen.

Auf einem vierten Bild waren hungernde Leute ganz grob abgebildet. Laut Axel zeigte es eine Szene aus der großen amerikanischen Depression.

Die Bilder zeigten allesamt gruselige und historische Szenen. Aber sie waren wie Kinderzeichnungen gehalten, unausgereift. Und wenn sie schon solch eine Wirkung entfaltet hatten, was mochte dann ein Meisterwerk bewirken? Ihnen fröstelte es. Und wer hatte die Zeichnungen angefertigt?

Einsammeln und Rückzug

Der Wald rund um den Bus und den Parkplatz war tot - astral clean. Auch der Geist des Waldes hatte sich verzogen. Den Runnern schwante, dass dieses Ereignis nicht unbemerkt geblieben war. So beeilten sie sich nun im Schutze der Nacht.

Im Bus fanden sich eine Vielzahl verschiedener Baseball Caps, ein E-Gitarre. Da war auch ein Schuhkarton voll mit Groupie-Höschen. Überall im Bus fanden sich gute und schlechte Drogen, Alkohol vom guten Whisky bis zum Augen zersetzenden Fusel, sowie Stimpatches und ein manipulierter Defibrilator. Dieser setzte wohl auch Stromstöße, wenn es nicht gerade erforderlich war.

Insgesamt verbreitete das Innere des Busses die Aura eines nicht sehr stabilen Bewohners. Tommy Blank hatte sich nicht gerade geliebt, hatte eher einen Hang zum Exzess und fast zur Selbstzerstörung gezeigt. Fürs erste hatten sie genug gesehen. Tommy Blank und Bernd Sbobotny waren verschwunden.

Sie setzten die 10 magischen Pfeiler. Ein rötlicher Kreis löst sich vom Asphalt- und Schotteruntergrund. Der Bus schien zu schweben. Sie riefen die Antonov mit den Gnomen, die nun alles verluden. Auch die Platten und die Pistole des Bodyguards Sbobotny.

Sie starteten gerade rechtzeitig. In der Umgebung des Parkplatzes fanden nun einige Aufklärungen statt. Saedar-Krupp und MET 2000 waren mit als erste unterwegs, das seltsame Phänomen zu orten. Die Runner selbst waren schon weg. Es ging zurück nach Hamburg. Die Maschine parkte im Konzernbereich. Im Loungebereich wartete schon Tetsuo, dem sie Bericht erstatteten. Alles war sehr seltsam und fühlbar ungut. Gerade die Platten, von denen es noch mehr geben könnte. Tetsuo grübelte über die Konzerthalle, ob dort auch etwas manipuliert worden war. Erlkönig bot sich an, nachzusehen. Und da waren noch die seltsamen Songtexte von Tommy Blank, die K-Owl sich zu Gemüte führen wollte. Nicht zuletzt wollten sie mit der Pistole des Bodyguards und einigen privaten Habseeligkeiten Tommy Blanks diesen per Ritual auf die Schliche kommen. Es war einen Versuch wert, und ihr Zirkel an der HHU konnte ihnen da sicherlich nützlich sein.
Zuletzt geändert von Stefanie am 11.03.2015, 18:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Schockwellen 2 (Die Erzählung)

Beitrag von Stefanie »

„Und so kam es wie immer, da immer mehr fragten, war das, was er sagte, vielleicht nur Fassade, war, was er uns gab, nur ne Show, ein Theater, wie ein abgekartetes Spiel, ne Scharade
von ´nem abgehalfterten Dealer mit Ware, die viel verspricht, um dir nach ´n paar Tagen zu sagen, ohne mich ist das hier nicht zu ertragen, doch der Rausch war vorbei und es folgte der Kater.
Fast hätts geklappt und das Pack hätts gepackt, aber wir haben ihn verraten und wir fuckten es ab, nur um dann irgendwann später, als alles beendet schien, endlich zu sehn, als das Puzzle vollendet schien.
Kein Teil fehlt, doch es gab kein Bild, das hier weiterhilft und das Weiß auffüllt, nur zum Teil enthüllten sie sein Geheimnis, das in jedem einzelnen Reim ist.“
– aus „Aufstieg und Fall“

K-Owl runzelte die Stirn, als sie die letzten Lines im Lied checkte. War das ganze hier nur eine Art Rätsel? Ein Treppenwitz? Je mehr sie von den Texten und der durchaus interessanten Mucke hörte, desto mehr fröstelte sie.

„Der Tod ist mein Bodyguard, steht direkt hinter mir, und auf jeder Party hat er mich immer im Visier. Dass ich es nach Hause schaff, heißt nicht, dass ich ihn verlier, auch wenn ich Pause mach, ist er doch andauernd hier.
Es wär ein Trauerspiel, würd ich vor ihm Angst haben, ist er bei mir, dann kann mir niemand was anhaben. Wann immer er findet mich, auf ihn ist Verlass, denn er hat diesen Augenblick noch bei keinem verpasst.
Und einmal, als ich in Panik war, da kam er entsprechend nah, und es war am selben Tag, dass ich mein Versprechen gab. Du gibst mir noch Zeit, ich geb noch nicht auf, ansonsten geb ich Bescheid, yo, dann holst du mich raus...“
– aus „Der Tod ist mein Bodyguard“

Wie war das noch? Was hatte Bork gesagt? Der Bodyguard Bernd Sbobotny hatte mal kurz eine Totenschädelfratze gezeigt? Und warum hatte der Bodyguard in der Ukraine daneben geschossen? Das war ihm doch noch nie passiert? Es hatte in dieser Story nur einen gegeben, der sich immer sicher war, nie getroffen zu werden – Tommy Blank. Hatte etwa der Leibwächter auf seinen Schutzbefohlenen geschossen? Warum? Und warum war die Waffe liegen geblieben? Von der hätte sich der Bodyguard doch sonst ums Leben nicht getrennt. K-Owl sammelte die Texte ein und begab sich zu den anderen.

Doch Tommy der stand da, zog an nem Joint und dann sagte er ganz klar: der Tod ist mein Freund. Es hatten manche zwar Angst und andere witterten Panik, nur Herrn Blank interessierte das gar nicht. - aus „Aufstieg und Fall“

http://www.tommyblank.de/#lyrics
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